KI im Projektmanagement - Digitale Assistenten für den Projektmanager

Das Icon zeigt das Profil eines menschlichen Kopfes, das mit digitalen Schaltkreisen verbunden ist. Dies symbolisiert die Verbindung zwischen künstlicher Intelligenz, Technologie und menschlichem Denken. Die Kreise und Linien stehen für digitale Vernetzung, Datenströme und Innovation in der modernen Technologie.

Alle reden über künstliche Intelligenz. So ist es kein Wunder, dass das Thema auch im Projektmanagement Wellen schlägt. Eine Serie von rund 25 Gesprächen mit Geschäftsführern und Vorständen aus unterschiedlichen Branchen, vom Industriebetrieb über eine Bundesbehörde bis zum Großverlag, hat gezeigt: Die Neugier beim Thema „Künstliche Intelligenz im Projektmanagement“ ist groß – oft verbunden mit der Bereitschaft, erste Schritte zu wagen oder bereits vorhandene Erfahrungen auf das Projektmanagement zu übertragen.

Grund genug für eine Bestandsaufnahme: Was ist der aktuelle Stand? Wo können digitale Assistenten im Projektmanagement heute schon gute Dienste leisten? Welche Aufgaben bleiben dagegen dem erfahrenen Projektleiter vorbehalten? Der erste Teil dieses Beitrags fasst die wesentlichen Entwicklungsgebiete künstlicher Intelligenz (KI) im Projektmanagement zusammen; der zweite Teil geht auf konkrete Einsatzmöglichkeiten und damit verbundene Fragen ein.

KI-Ansätze im Projektmanagement

Auf Grundlage einer Literaturrecherche lassen sich fünf Entwicklungsgebiete feststellen, die den aktuellen Stand der KI-Entwicklung im Projektmanagement widerspiegeln.

Data-driven Project Management

Die grundlegende Idee des Data-driven Project Management ist nicht neu: Je mehr relevante Informationen über ein Entscheidungsproblem vorhanden sind, desto zuverlässiger lässt sich die beste Entscheidungsalternative auswählen. Im Fokus des Data-driven Project Management stehen die Aufgabenbereiche Planung und Controlling im Hinblick auf Zeit, Kosten, Risiken und Qualität.

Im Zuge der Digitalisierung stehen in Unternehmen immer mehr Daten aus immer mehr Bereichen sowie leistungsstarke IT-Infrastruktur für deren Verarbeitung zur Verfügung. Vor diesem Hintergrund kommen auch im Data-driven Project Management verstärkt Analytik-Verfahren zum Einsatz, auch um daraus Vor-hersagen über zukünftige Entwicklungen abzuleiten (Predictive Analytics).

Intelligent Information Management

Der Ansatz des Intelligent Information Management (IIM) folgt der Idee, digitale Agenten zu schaffen, die Menschen bei wissensbasierten Aufgaben unterstützen. Ein wesentlicher Aspekt ist dabei die Fähigkeit des Agenten, die Semantik von Daten und Dokumenten im jeweiligen Kontext zu erfassen. Bezogen auf das Projektmanagement liegt die Bedeutung des Ansatzes in einer Unterstützung des Projektleiters während der gesamten Projektlaufzeit. Die Potenziale des IIM sind eng verknüpft mit dem PMI-Standard und dem dort vorgesehenen Projektmanagement-Informationssystem (PMIS).

KI-Plattformen für Projektmanagement

KI-Plattformen für Projektmanagement zielen darauf ab, neue Potenziale durch KI im Kontext von Big Data und Analytics zu erschließen. Verschiedene Dienstleister haben hierfür cloudbasierte Servicplattformen entwickelt. So bietet etwa die Unternehmensberatung Deloitte unter der Bezeichnung Predictive Project Analytics eine KI-basierte Beratungsleistung an, die auf Daten aus über 2.000 Projekten beruht.

Ein anderes Beispiel: Das US-amerikanische Startup Cloverleaf entwickelte eine Software, mit deren Hilfe Projektteams zusammengestellt werden können. Dies geschieht auf Basis von Mitarbeiterdaten, die neben Merkmalen wie Erfahrung und Qualifikation unter anderem auch die Übereinstimmung kultureller Werte berücksichtigen.

Robotic Process Automation (RPA) im Projektmanagement

Der Einsatz von RPA, sogenannten Softwarerobotern, eignet sich vor allem für klar strukturierte Routineaufgaben, die in großer Zahl anfallen. Bei Projekten bieten sich Abläufe etwa im Monitoring, Controlling, Reporting und in der Dokumentation an, die durch RPA automatisiert werden können. Der Trend geht hier in Richtung Machine Learning und erweiterter KI-Fähigkeiten, um auch komplexe, weniger strukturierte Auf-gabengebiete für den RPA-Einsatz zu erschließen.

Project Management Bots

Den Begriff Project Management Bots (PMB) prägte 2017 das Analyse- und Beratungsunternehmen Gartner – und meint damit eine auf Projektmanagement spezialisierte Klasse von intelligenten Software-Agenten. PMB-Lösungen basieren in der Regel auf Cloudplattformen, die eine Speicherung und Verarbeitung von Daten ermöglichen sowie die Kommunikation mit und zwischen den Bot-Komponenten realisiert.

Project Management Bots lassen sich grob in drei Kategorien aufteilen:

  • Eigenständige, auf Projektmanagement spezialisierte Produkte
  • Herstellerseitige Erweiterungen einer etablierten Projektmanagement-Software
  • Erweiterungen für etablierte Produkte von Drittherstellern.

Einsatzfelder der KI im Projektmanagement

Der Mensch als Projektleiter, so viel sei vorweg genommen, lässt sich mit den vorhandenen Ansätzen nicht ersetzen. Das breitgefächerte und dynamische Aufgabenfeld eines Projektleiters kann aktuell nur in kleinen, klar abgegrenzten Bereichen automatisiert werden. Dort jedoch werden durch Mustererkennung oder statistische Methoden recht gute Ergebnisse erzielt. Ebenso können Algorithmen wesentliche Teilaufgaben wie etwa die Ressourcenplanung vorbereiten und unterstützen.

Wie sich die Einsatzmöglichkeiten von KI aktuell dar-stellen, zeigt schematisch die folgende Grafik (siehe Abbildung). Die Einsatzfelder des Projektleiters sind in drei Abschnitte gegliedert, wobei die Wertigkeit der Aufgaben von links nach rechts zunimmt: Am linken Ende stehen Standardaufgaben in Bereichen wie Zeit-, Kosten- und Risikomanagement oder das Nachfassen von Aktivitäten. Es folgen im Mittelfeld anspruchsvollerer strategische und betriebswirtschaftliche Tätigkeiten und schließlich am rechten Ende Führungsaufgaben, die zumindest in großen Projekten einen sehr hohen Einfluss auf die Gesamtprojektleistung haben.

Die derzeitigen Einsatzmöglichkeiten der künstlichen Intelligenz laufen dieser Abfolge entgegen: Je anspruchsvoller das Tätigkeitsfeld, desto weniger KI-Unterstützung steht dem Projekteiter zur Verfügung. Während bei den einfachen und sich wiederholenden Aufgaben durchaus schon ausgereifte KI-Werkzeuge existieren, gibt es für strategische Aufgaben oder Führungsaufgaben noch kaum oder keine KI-Lösungen.

Abbildung: Tätigkeiten im Projektmanagement – bezogen auf ihren Beitrag zum Projekterfolg und die mögliche KI-Unterstützung

Eine gute Nachricht für den erfahrenen Projektleiter! Am niederwertigen Ende seines Aufgabenspektrums kann ihm der digitale Assistent lästige Arbeiten ab-nehmen – etwa bei der Zeit-, Kapazitäts- und Kostenplanung, bei Auswertungen fürs Reporting, beim Risikomanagement oder beim Nachhalten von Zielen und Aufgaben. Nach wie vor unersetzlich bleibt er in den kritischen Bereichen, etwa wenn es darum geht, ein interdisziplinär zusammengesetztes Team zu führen, Konflikte zu lösen, Widerstände auszuräumen, Verhandlungen zu führen oder auf unvorhergesehene Ereignisse mit den richtigen Entscheidungen und Maßnahmen zu reagieren. Keine KI wird hier auf absehbare Zeit seine Fähigkeiten ersetzen können. Hier bedarf es nach wie vor der Intelligenz in den Köpfen der Menschen.

Die Datenbasis als kritischer Erfolgsfaktor

Entscheidend für den Einsatz auch einfacherer KI-Instrumente ist eine ausreichende Datenbasis. Ein häufiger Engpass in der Praxis: Es fehlen aus vegleichbaren Projekten die notwendigen Daten, die es einem Algorithmus ermöglichen, zu lernen und brauchbare Auswertungen und Vorhersagen zu generieren. Um im eigenen Projektmanagement KI-Werkzeuge sinnvoll zu nutzen, sollte ein Unternehmen auf einen Datenpool von sicherlich mehreren 100 vergleichbaren Projekten zugreifen können – was im eigenen Haus oft noch nicht möglich ist.

Eine Alternative bietet der Rückgriff auf eine externe Cloud-Lösung, wie sie etwa die erwähnte IT-Plattform von Deloitte darstellt. In diesem Fall speist das Unternehmen seine Projektdaten in die Cloud des Dienstleisters ein und profitiert im Gegenzug von der Masse an Daten, die andere Unternehmen mit ähnlichen Projekten dorthin bereits überspielt haben. Die KI-Tools können auf diese Weise Schlüsse aus einer hohen Anzahl an Projekten ziehen. Die Lösung setzt allerdings voraus, die eigenen Daten in einen großen „Topf“ zu geben, der nicht dem eigenen Unternehmen gehört. Oft ein heikler Punkt, der Fragen der Datensicherheit aufwirft.

Ein weiterer, bereits bewährter Weg einer KI-Nutzung bezieht sich auf Großprojekte: Für etablierte Projektmanagement-Softwares haben Hersteller und Drittanbieter Erweiterungen entwickelt, die als intelligente Agenten den Projektleiter und das Team bei ihrer Arbeit unterstützen. Diese (oben bereits erwähnten) Project Management Bots greifen in der Regel auf herstellereigene Cloud-Plattformen zurück und speisen sich vor allem aus Daten, die im laufenden Projekt entstehen. In der Regel werden diese Tools nur in Konzernen oder bei sehr großen Mittelständlern eingesetzt, die ohnehin mit der betreffenden Projektmanagement-Software arbeiten.

Fazit

Wie eine Literaturrecherche und erste Erfahrungen aus der Praxis zeigen, macht die künstliche Intelligenz auch auf dem Gebiet des Projektmanagements bemerkenswerte Fortschritte. Komplexe Projekte oder gar der Turnaround eines in Schieflage geratenen Projekts benötigen zwar weiterhin den erfahrenen Projektleiter, allerdings können an manchen Stellen digitale Assistenten schon heute wertvolle Dienste leisten.

Der Einsatz auch einfacher KI-Instrumente erscheint aus zwei Gründen lohnend: Zum einen entlastet er den Projektleiter von Routineaufgaben, so dass ihm mehr Zeit bleibt, um sich auf die erfolgskritischen strategischen Aufgaben und Führungsaufgaben zu konzentrieren. Zum anderen ist manche KI-Unterstützung eben doch schon dem Menschen überlegen. Man denke etwa an einen digitalen Assistenten, der im richtigen Augenblick auf Projektrisiken aufmerksam macht. Besser als jede Dokumentation kann er dafür sorgen, dass ein Fehler aus früheren Projekten kein zweites Mal passiert.

Über den Autor:

Christian Dürk ist Vorstand von Corivus. Er hat mehr als 20 Jahre Erfahrung im Management komplexer IT- und Organisationsprojekte.

Sein besonderes Steckenpferd ist der Spagat zwischen kurzfristigem Drehen eines Projekts und seiner langfristigen Organisation - insbesondere einer zukunftsfähigen Personalplanung, die das dauerhafte Funktionieren eines Bereichs sichert.